Impfpflicht für Pfleger: „Wie Hunde vom Hof gejagt“

Unsere Pflegegruppenleiterin Petra Lebelt findet klare Worte für einen Notstand in der ambulanten Pflege, der nicht erst seit der Impfpflicht gilt.
Was vor der Pandemie aufgrund von Fachkräftemangel schon kaum zu bewältigen war, wird mit Einführung der Impfpflicht für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Pflegebetrieben unmöglich: Eine vollständige Versorgung von Menschen mit Pflegebedarf, die zu Hause leben und nicht in einer stationären Einrichtung. Aktuell versorgt unser ambulantes Team der FÖV Pflege rund 300 Menschen mit Pflegebedarf in Spandau. Das sind täglich etwa 110 Menschen.

Ab dem 15. März müssen wir ungeimpfte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter freistellen und das dem Gesundheitsamt melden – so lauten die Vorschriften. Momentan ist etwa ein Viertel unseres Personals ungeimpft und denkt darüber nach, bei Inkrafttreten der Impfpflicht den Dienst zu quittieren. Das bedeutet noch weniger Personal. Es wird für uns unmöglich sein, alle unsere Kundinnen und Kunden zu behalten und zu versorgen. Angehörige werden ihre Jobs aufgeben müssen, um für ihre Pflegebedürftigen da zu sein. Parallel verlieren wir wertvolle Menschen, die uns z.T. seit Jahrzehnten kompetent und zuverlässig bei der Versorgung unterstützen und ihren Beruf lieben – nun aber raus gedrängt werden.

Die Probleme im ambulanten Pflegesystem sind seit Jahren offenkundig, aber sie werden nicht ernst genommen. Stattdessen wird die ambulante Pflege thematisch von stationären Einrichtungen und dem Intensivpflegethema immer wieder verschluckt und an den Rand gespielt. Zu klein, zu unbedeutend. Dagegen gibt es in Berlin 634 ambulante Pflegedienste (Stand 2019). Wir, der FÖV, sind einer der größeren in der Stadt. Aber es gibt auch viele kleinere Unternehmen. Etwa 150.000 Menschen in der ganzen Stadt sind auf die Besuche von Pflegerinnen und Pfleger angewiesen. Wo sollen diese hin, wenn Sie zu Hause nicht versorgt werden können?
Die aktuelle Lage in der ambulanten Pflege ist wie auch die Jahre zuvor der Unterwerfung von Vorgaben geschuldet (Tarifvertrag, Personalmangel, Pflegelandschaft verändert sich hin zu Leasingfirmen, fehlende Wertschätzung für den Beruf etc.). Wir stehen kurz vor einem Kollaps des ambulanten Pflegesystems. Es muss etwas passieren.

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Frau Lebelt arbeitet seit sechs Jahren bei der FÖV Pflege und war vorher u.a. Pflegefachkraft in einer vollstationären Pflegeeinrichtung tätig.