Interview mit Eberhard Bohnstedt („Ebi“) – seit dem 1. Oktober 2021 ehrenamtlich aktiv im Projekt Aufsuchende Seniorenarbeit des Förderervereins Heerstraße Nord e.V.
Lieber Eberhard, was hat dich überhaupt nach Berlin verschlagen? Eigentlich stammst du ja aus der Pfalz…
Eberhard: Nach meiner Floristik- und Gärtnerausbildung habe ich jeweils noch meine Gesellenstellen absolviert. Dann aber zog es mich nach Berlin, da es die Heimatstadt meines Vaters ist. Die Familie meines Vaters ist eine uralte Familie aus der Berliner Region, die bis ins 12. Jhd. zurück zu verfolgen ist. Mein Vater hat immer von seiner Berliner Zeit geschwärmt und er hat sich gewünscht, dass ich einmal ein Jahr in Berlin lebe.
…Einmal hier angekommen und du wolltest nicht wieder weg?
Eberhard: Während meiner Arbeit in beiden Berufen bin ich mit Menschen in Kontakt gekommen, welche hochprofessionell und sehr engagiert ihrer Arbeit nachgegangen sind, wodurch sich für mich zahlreiche Möglichkeiten im Bereich Floristik und Gartenbau ergaben. Auch die Atmosphäre in Berlin ist immer sehr kreativ und professionell und vor allem immer offen für Neues und Anderes ohne dabei Geschichte und Tradition in Gänze zu vergessen. Das habe ich sehr zu schätzen gelernt und bin dann halt geblieben.
Was genau führte dich dann zum Fördererverein und warum? Ursprünglich warst du ja beruflich in Charlottenburg verortet.
Eberhard: Insgesamt blicke ich auf 30 Jahre Selbstständigkeit und 40 Jahre „Berliner Zeit“ zurück, die mir viele wertvolle Erfahrungen eingebracht haben. Aber die Coronazeit hat die Welt auf den Kopf gestellt. Durch Corona haben viele meiner Stammkunden große Einbußen gehabt, Hotels und Restaurants hatten lange Zeit geschlossen und mussten um ihre Existenz fürchten. Ebenso ging es auch mir. Ich habe viele langjährige Kunden verloren, was mich die Entscheidung fällen ließ, meine Selbstständigkeit zu beenden und mich neu zu orientieren.
Viele Menschen in deinem Alter und mit dieser Erfahrung denken da bereits an den Ruhestand, aber du hast dich ganz bewusst für eine neue Herausforderung entschieden. Was hat dich motiviert, diesen Weg einzuschlagen?
Eberhard: Ja, ich mag keinen Stillstand und bin immer offen für Neues. Auch in meinem Alter kann und sollte man sich auch immer wieder nach neuen Herausforderungen und Aufgaben umsehen. Es gibt so viel, was man noch tun kann und was ich noch tun möchte.
Was heißt das genau?
Eberhard: Ich war auf der Suche nach einer sinnstiftenden Aufgabe, die mich zufrieden macht und mit Freude erfüllt. Aber es sollte eine Aufgabe sein, die nicht nur in erster Linie mir etwas bringt, sondern Menschen Freude schenkt oder ihnen den Alltag etwas schöner macht. Das führte mich auf Umwegen in das Ehrenamt in der Seniorenarbeit beim FÖV. Die Pandemiezeit hat es mir ermöglicht, einiges auszuprobieren und mich am Ende feststellen lassen, dass es eine sehr schöne und bereichernde Aufgabe ist, für Senioren zu arbeiten und Angebote mit ihnen und für sie zu gestalten.
Was ist für dich das Besondere an deiner ehrenamtlichen Tätigkeit, dass dir so viel Freude bereitet?
Eberhard: Ich komme aus einer religiösen Familie und bin im ländlichen Umfeld aufgewachsen. Ich selbst bin nicht religiös, habe aber durch meine Erziehung die ethischen Werte tief eingeprägt bekommen und diese immer als Leitmotiv für mein Leben behalten. Menschen Zeit schenken, ihnen eine Freude machen und sie ein Stück ihres Lebensweges zu begleiten, macht mir viel Freude und schenkt auch mir persönlich Zufriedenheit. Es ist meine Möglichkeit, von meinem eigenen glücklichen und guten Leben etwas an die Gemeinschaft zurück zu geben.
Hat deine ehrenamtliche Tätigkeit auch noch andere positive Entwicklungen für dich mit sich gebracht?
Eberhard: Ja! Das Ehrenamt ist wunderbarerweise keine Einbahnstraße. Die Senioren haben mir viel gegeben und ich konnte auch viele tolle Momente mitnehmen. Ich konnte die Erfahrung machen, dass mir die Seniorenarbeit sehr am Herzen liegt und habe mich deshalb für eine Ausbildung im Betreuungs- und Pflegebereich entschieden. Nach meinem erfolgreichen Ausbildungsabschluss habe ich sofort eine feste Stelle in den Wohngemeinschaften der FÖV Pflege gGmbH antreten können und freue mich nun sehr darüber, dass ich mein Ehrenamt zum Beruf machen konnte. Dennoch habe ich auch meine ehrenamtliche Aufgabe nicht aufgegeben. Ich verdanke dem Ehrenamt sehr viel, schon allein die Möglichkeit für Praktika und die Unterstützung während meiner Ausbildung, die ich erhalten habe. In meinem Alter noch die Chance auf ein Praktikum zu erhalten ist eher schwierig. Da war es sehr hilfreich, dass ich meine Erfahrung aus dem Ehrenamt und entsprechende Zeugnisse vorweisen konnte.
Würdest du die Übernahme einer ehrenamtlichen Aufgabe jedem empfehlen?
Eberhard: Auf jeden Fall! Es gibt einem sehr viel und man hat die Chance, tolle Menschen kennen zu lernen, Verantwortung zu übernehmen und die Gesellschaft ein wenig mit zu gestalten. Man lernt viele Menschen kennen und kann auch so noch neue berufliche Perspektiven finden. Insgesamt ist das Ehrenamt für jeden eine tolle Sache – für die Ehrenamtlichen selbst und für die Menschen, die die Angebote und Unterstützungsleistungen nutzen – eine Win-Win-Situation sozusagen.
Lieber Eberhard, vielen Dank für das nette Gespräch und deine ehrlichen Antworten.
Wir wünschen dir für die Zukunft alles Gute und weiterhin viel Freude bei deinen Aufgaben.
Danke, dass du bei uns bist!
Interview geführt von Stefanie Bath (Aufsuchende Seniorenarbeit)